Und plötzlich war sie da, diese unbändige Lust zu schreiben. Sie kitzelte in den Fingern noch bevor ich richtig wach war. Und eine Idee begann sich in meinem Kopf abzuzeichnen, zart wie ein Keim der aus seinem mütterlichen Korn wächst, schüchtern aber bestimmt. Ich warf die Decke von mir, machte mir einen Kaffee und setzte mich an meinen alten Schreibtisch, der am Fenster im Turmzimmer des alten Stadthäuschens stand. Das Häuschen, mit dem mich so viele Erinnerungen verbanden, meine Kindheit und Jugend, die erste Liebe, der erste Job, die ersten Enttäuschungen, die ersten Verluste.
Die Finger waren noch ein wenig eingerostet, so lange hatte ich nicht mehr geschrieben. Sie wussten zwar noch blind, wo alle Buchstaben auf der Tastatur waren, aber sie sträubten sich etwas beim Tippen. Ich hoffte, dass der Schreibfluss, dessen ich mich immer gerühmt hatte, sich bald wieder einstellen würde, also schloss ich die Augen und atmete die frische Frühlingsluft tief ein. Draußen waren schon die ersten Vögel zu hören, ihr Zwitschern erfüllte mich mit einem Gefühl des Glücks und des Endlich, dass der Winter nun vorbei war. Auch mein innerer Winter. Mein karger, schreibloser Winter, der so lange gedauert hatte und mich mir selbst entfremdet hatte.
Den Blick über die Dächer schweifend öffnete ich meinen Kopf und ließ den Ideen freien Lauf. Ich brachte Wörter und Sätze auf den Monitor, spielte mit Gedankenfetzen, jonglierte mit der Sprache und war überwältigt von der Freude, die all das in mir verursachte. Ich hatte diese Gefühle so lange nicht mehr gehabt, aber ja, ich erinnerte mich daran, wie es früher einmal gewesen war. Welche Euphorie beim Schreiben entsteht, welch vollkommene Seligkeit.
Ich merkte nicht, wie es draußen zuerst immer heller und lauter, dann immer wärmer, und später wieder dunkler wurde, ich merkte den Wandel in der Geräuschkulisse nicht, hörte nicht die spielenden Kinder und die fahrenden Autos, hatte keinen Hunger und keinen Durst. Das einzige, das mich trieb, war das Schreiben, dieses Nahrungsmittel für die Seele, diese Droge, die mich vibrieren ließ. Ich schrieb, das war mir genug. Ich schrieb den ganzen Tag und die darauffolgende Nacht. Ich schrieb und las, korrigierte und stellte um, las nochmal, schrieb wieder, las, schrieb, schrieb. Ich atmete Buchstaben, füllte mich mit ihnen, lebte sie.
Als ich irgendwann endlich von meinem Schreibtisch aufstand, war es wieder hell geworden und die Vögel zwitscherten. Mein Kaffeebecher stand noch halb ausgetrunken vor mir, mittlerweile eiskalt geworden, und ich hatte einen Bärenhunger. Und ein Grinsen umspielte meine Mundwinkel, denn ich wusste, ich hatte es vollbracht: ich hatte sie geschrieben, die Geschichte, auf die ich all die Jahre gewartet hatte. Ich war wieder da.
Littlejamie
Foodie, Traveller, Blogger.
Jamie
Wow, bin sprachlos. Danke #rotwerd
mek
“gefällt mir”
Jamie
Ähm…
isabo
Dir ist schon klar, dass wir sie jetzt lesen wollen?