Ich habe also seit einigen Tagen dieses Fleisch in meinem Kühlschrank — zwischendurch musste ich es sogar einfrieren, weil ich keinen ganzen Tag fürs In-der-Küche-stehen übrig hatte.
Wann ist eigentlich der beste Zeitpunkt, etwas so Zeitaufwändiges wie das ragú vor- und zuzubereiten? Wahrscheinlich ist es wie bei Babys: nie wirklich, man muss es einfach tun.
Gesagt, getan: da ich das Fleisch also nicht nochmal einfrieren und wieder auftauen wollte, musste eben heute der Tag sein, an dem ich endlich (m)ein ragú napoletano koche.
Pate für mein Vorhaben stand in erster Linie Anthony Bourdain, der sich bei seinem “red sauce trail” auf die Suche nach den Wurzeln der italo-amerikanischen Küche begibt, dem Ursprung von Spaghetti with meatballs in red sauce — dem ubiquitären Gericht aller italienischen Ristoranti Amerikas seit den sechziger Jahren. Die Suche nach einem Rezept führte mich in die unendlichen Weiten des Internets. Ich ließ mich von Oakley Boren inspirieren, die in ihrem Foodblog food.oakmonster.com ihre Liebe zur italienischen Küche — sehr praktisch für mich — anhand eines ragú napoletano erklärt. Ein paar Anpassungen macht sie: sie lässt die braciole weg, was aber dem Geschmack keinen Abbruch tut. Anthony Bourdain beschreibt braciole als Stücke von Kalbfleisch, die um Parmesan, Knoblauch, Basilikum, Petersilie, Rosinen und Pinienkerne gewickelt sind.
Und dann war da noch Signore Mimmo Corcione, dessen YouTube-Videos einem das Wasser im Munde zusammenlaufen lassen. Fürs ragú hat er nicht weniger als vier Filme zusammengestellt, in denen er sich sehr wortreich über das Fehlen eines richtig guten Rezepts in Kochbüchern auslässt, um dann die nächsten drei Filmchen lang zur Tat zu schreiten: er schneidet und brät an, rührt und würzt — all das beseelt von den Düften und Aromen, die seinem Kochtopf entspringen. “E giá il profumo inonda la casa”*, schwärmt er, als der ausgelassene Speck seine Duftmarke im Haus hinterlässt. Ein Genießer. Mimmo lässt bei seiner Version die braciole nicht weg. Wie könnte er auch? Sie sind Teil des neapolitanischen Erbes.
Dies ist mein Rezept — eilig auf ein Stück Papier gekritzelt, damit ich nicht immer zum Rechner zurückrennen muss:
Zutaten:
2 Rippchen, ungewürzt
2 Stück Kalbskotelett
2 grobe Bratwürste
3 Zwiebeln, gehackt
1-3 Knoblauchzehe, gehackt (ich hatte eine dieser Monozehen)
1 EL Rosinen, in heißem Wasser aufgeweicht, grob gehackt
1 EL Pinienkerne, grob gehackt
1 Stück Parmesanrinde
1 große und 1 kleine Dose geschälte Tomaten, gehackt oder mit der Hand zerquetscht (besser wären passierte Tomaten)
2 EL Tomatenmark
1-2 EL Petersilie (ich hatte tiefgekühlte)
Salz, Pfeffer, etwas Wasser, gutes Olivenöl
1 Glas Rotwein
Zubereitung:
Eigentlich genau wie auf dem Foto, aber ich bin mal nicht so ;-)
Olivenöl in einem genügend großen Topf erhitzen, die Rippchen ordentlich würzen. Alles Fleisch nacheinander im heißen Olivenöl bräumen, dann beiseite stellen, Fett im Topf belassen. Auf mittlere Hitze runterschalten, Zwiebeln und Knoblauch und eine Prise Salz in den Topf geben, dünsten bis sie weich sind. Dann die Pinienkerne und die Rosinen, das Tomatenmark hinzufügen, ein paar Minuten kochen.
Nun das Fleisch und die angesammelten Säfte wieder zurück in den Topf befördern, die Tomaten, das Wasser, die Petersilie und die Parmesanrinde dazugeben. Einmal aufkochen lassen, dann Hitze auf niedrigste Stufe runterschalten und für mindestens vier Stunden simmern lassen, gerne auch acht. Jetzt kann man den Rotwein hinzufügen. Ich habe das gemacht, bin aber nicht sicher, wie gut die Idee war.
Vorm Servieren muss man das Fett abschöpfen — es wird eine Menge sein. Das Fleisch vorsichtig aus dem Topf fischen und warm stellen, die Parmesanrinde wegwerfen.
Nudeln — am besten große Tuben wie Tortiglioni oder Cannelloni — in ordentlich gesalzenem Wasser al dente kochen. Wenn gar, aus dem Wasser fischen und direkt in die Sauce geben. Macht euch keine Gedanken um Kochwasser, das versehentlich in die Sauce geraten könnte: das ist gut so, vorausgesetzt, das Wasser war salzig genug. So läuft man auch nicht Gefahr, die Sauce zu verwässern.
Serviert wird das Ganze in zwei Gängen: primo piatto sind die Nudeln mit der schmackhaften ragú-Sauce und Parmesan oben drauf, secondo piatto ist das Fleisch, zu dem man gedünstetes Gemüse oder Salat reichen kann, je nach Gusto.
Mein ragú kocht noch — ich schätze, ich lasse es noch eine Weile auf dem Herd schmoren. Und dann kann ich morgen berichten, wie es geworden ist.
Morgen Abend, denn vorher habe ich keine Zeit.
–
* Und schon erfüllt der Duft das Haus.
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