Brot gebacken. Bin jetzt glücklich.
— littlejamie (@littlejamie) January 25, 2014
Neuerdings mach ich in Sauerteig. Seit ich neulich bei einer Weinprobe mit Torsten Goffin und Christoph Raffelt war und der Gastgeber selbstgebackenes Roggenbrot auf den Tisch stellte, bin ich gefangen. Sauerteig, digga! Dieses ominöse Etwas, das mir immer ein wenig wie Altgriechisch oder Quantenphilosophie vorkam, und dessen wahre Bedeutung sich mir einfach nicht erschließen wollte. Weswegen ich mich nie rangetraut hatte. Brot backen geht ja schließlich auch so.
Und dann schmeckte das Brot von Lars so gottgleich, dass ich anfing zu sabbern ihn nach dem Rezept fragte, ohne zu ahnen, worauf ich mich da einließ. Seine Antwort erschreckte mich fast zu Tode. Denn sie enthielt Kryptisches wie “Teigausbeute 176”, “retardieren”, “250 Grad fallend”, aber auch Hoffnungmachendes wie “Sauerteig kann ich dir abgeben”. Und am Ende dann das erlösende “du kannst auch gern mal zum Backen herkommen”.
Gesagt, getan. Zwei Abende im Januar saßen der Mann und ich bei einem Gläschen Wein in Lars’ Küche und sahen ihm beim Anrühren und Mischen des Teigs zu und versuchten, uns alle neuen Begriffe und Zusammenhänge zu merken. Gar nicht so einfach. Wieviel Gramm Wasser und Mehl muss man noch zufügen, wenn man den Sauerteigstarter abzieht? Was passiert, wenn man den Teig zu lange gehen lässt? Wieso muss man ihn falten? Wie kriegt man den Dampf in den Ofen? Bei wieviel Grad und wie lange backt das Brot nun?
Mein Kopf schwirrte. Aber das entstandene Brot, ein rundes, etwas flaches Gebilde, war unglaublich lecker. Und in meinem Kühlschrank harrte der Sauerteigstarter seiner eigentlichen Aufgabe entgegen. “Hält sich problemlos 1-2 Wochen” hatte Lars gesagt. Und dann? Dann musst du backen.
Achsoooooo! Jetzt erst verstand ich. Was ich dort im Kühlschrank im Schraubglas aufbewahrte, war der Starter, sozusagen der Hermann, das Anstellgut. Der muss geführt und gefüttert werden, damit er groß wird, und dann kann man daraus den Teig rühren, den man backt. Schon klar, dass dieser Prozess seine Zeit dauert. Unser Brot hatten wir ja auch an zwei Tagen hergestellt: Freitag ansetzen, Samstag backen.
Langsam lichtete sich das Dunkel. Und so buk ich zwei Wochen später mein eigenes Roggenbrot aus Sauerteig:
Die Stunde der Wahrheit. pic.twitter.com/cn47fKDZAw
— littlejamie (@littlejamie) January 18, 2014
Also ich muss sagen… PORNOOOO!!! pic.twitter.com/UhfEfkDn5t
— littlejamie (@littlejamie) January 18, 2014
Hier, Henning, das Rezept.
Und: Sauerteig kann ich dir abgeben ;-)
Der ganze Prozess dauert 26 Stunden. Dann allerdings ist das Brot zwar fertig gebacken, aber noch heiß und unschneidbar. Im Allgemeinen schneidet man Roggenbrote erst am nächsten Tag an. Es empfiehlt sich also, mit 26 + 24 Stunden zu rechnen, bevor man es endlich essen kann.
Am ersten Tag den Starter mit 100 g Roggenmehl 1150 und 100 g Wasser auffüllen, umrühren und lose abgedeckt (mit einem lose aufsitzenden Deckel oder Alufolie) für acht Stunden in eine warme Ecke stellen. In hatte meins in der Küche auf der Heizung.
Nach acht Stunden: Vom größer gewordenen Vorteig zwei EL abnehmen und in einem Schraubglas im Kühlschrank aufbewahren. Das ist der nächste Starter.
Den Rest mischt man (entweder in der Maschine oder mit einem Löffel) mit:
500 g Roggenmehl 1150
350 g Wasser
12 g Salz
zu einem klebrigen Teig. Nicht kneten. Falls der Teig zuuuu klebrig sein sollte, etwas Mehl zugeben.
Eine Schüssel mit einem sehr gut bemehlten Leinentuch auslegen, den Teig hineingeben und zwei Stunden bei Zimmertemperatur aufgehen lassen. Ich hatte meine Schüssel im beheizten Wohnzimmer oben auf dem Schrank. Abdecken mit dem Leinentuch reicht, kein weiterer Deckel nötig. Nach zwei Stunden die Schüssel für 24 Stunden in den Kühlschrank stellen.
Am nächsten Tag den Ofen auf 250° C vorheizen. Für eine bessere Wärmespeicherung und -abgabe einen Pizzastein mit heiß werden lassen, auf dem man das Brot backen wird. Hat man keinen Pizzastein, reicht auch das normale Backblech. Backpapier zurechtschneiden und auf Backblech/Pizzastein legen.
Nun den Teig aus der Schüssel nehmen, 1 bis 2 cm tief einschneiden und unter Dampf backen. Hier muss man schnell arbeiten, sonst geht der Teig auseinander. Ich empfehle folgende Arbeitsweise:
– Teig aus der Schüssel nehmen, auf der bemehlten Arbeitsfläche ein- bis zweimal in sich falten und dann mit der Naht unten auf ein bemehltes Pizzabrett oder direkt in eine Kastenform geben. Teigoberfläche kreuzweise einschneiden.
– Ofentür öffnen, mit einer Bügelspritze etwas Wasser in den Ofen spritzen (Dampf!), Teig aufs Backblech gleiten lassen (oder die Kastenform reinstellen) und schnell die Tür wieder schließen.
– Nach zehn Minuten die Ofentür aufmachen um den Dampf rauszulassen und die Temperatur etwas runterdrehen (auf ca 230°). Aha-Effekt: das ist “fallend”.
– Backzeit: 30 Minuten mindestens. Wenn man unsicher ist, zwischendurch mit einen Zahnstocher die Garprobe machen. Klingt das Brot beim Klopfen auf den Boden hohl, ist es fertig.
Am Wochenende back ich wieder. Ich freu mich schon drauf.
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