Da hatten wir also den Hasen. Frisch am Morgen geschossen, zu meinem anfänglichen Bedauern aber durchaus späteren Freude bereits enthäutet und ausgenommen, und in einer zweckentfremdeten Pappkiste zu uns direkt in die Wohnung geliefert.
Ich kann weder sagen, ob das Tier ein ER oder eine SIE, besonders jung oder gar sehr wild gewesen ist. Ausgestreckt und ohne Kopf maß es gut einen halben Meter, mehr mussten wir nicht wissen.
Dem Mann lag viel daran, den Hasen selbst zuzubereiten, war es doch seinen Bemühungen zu verdanken, dass wir ihn überhaupt hatten. Eine Hand wäscht die andere, das kennt man ja. Er machte sich auf die Suche nach Zubereitungsvariationen und fand mehr als einem lieb sein kann, der “einfach mal was kochen will”. Ich sach nur: Buffer overload. Schnell war uns jedoch klar: ein Hasenpfeffer muss her. Und ein Hasenbraten. Und aus den Knochen Fond, den braucht man ja eh zum Kochen. Alles nach der Devise: nichts verschwenden.
So teilten wir – denn ich war nicht bereit, meine geliebte Küche gänzlich zu räumen – die Gerichte untereinander auf: ich war für Hasenpfeffer, Rotkohl und Fond zuständig, der Mann – wie sich’s für einen Mann gehört – für den Braten.
Die Logistik des Großprojektes “Hase” verlangte absolutes Zeit- und Herdmanagement. Wir waren gezwungen, unsere “Silvester feiern wir spontan in Berlin”-Pläne über den Haufen zu werfen und zuhause zu bleiben. Solch ein Hase will nicht nur gekocht, sondern auch gegessen werden.
Also das Hasenpfeffer. Warum heißt das nun so? Keine Ahnung, weder Wikipedia noch die zahlreichen Rezepte geben Aufschluss über die Namensherkunft. Sie erschließt sich mir einfach nicht, denn nach Herrichten und Genießen des Mahls muss ich sagen: besonders viel Pfeffer ist da nicht drin.
Hasenpfeffer mit Semmelknödeln und sautiertem grünen Gemüse
Man nehme:
– viel Zeit. Mindestens einen Tag, denn das Fleisch sollte über Nacht marinieren
– vom Hasen all die Teile, die man nicht im Braten haben will. Wir hatten Leber, Herz, Nieren, ein Stück vom Hals, Läufe, Keulen und die Schultern
Für die Marinade mischt man einen halben Liter trockenen Rotwein (ein kräftiger Spätburgunder vielleicht, ich hatte einen Barolo) mit Pfefferkörnern, Wacholderbeeren, Sternanis, Nelken, Majoran, Thymian. Wenn man die Gewürze in frisch da hat, gut. Wenn nicht, tun’s auch die trockenen (dann evtl. etwas mehr nehmen). Die Gewürze im Mörser zerstoßen, damit sie ihre Aromen entfalten, in den Rotwein kippen und das kleingeschnittene Hasenfleisch dazugeben. Deckel drauf, über Nacht im Kühlschrank marinieren. Zwischendurch ein paar mal wenden.
Am nächsten Tag das Fleisch abgießen und den Rotwein abfangen (braucht man später noch), mit Küchenpapier trockentupfen, salzen und pfeffern. Hier kann man ein wenig dem Namen entgegenkommen und ziemlich viel Pfeffer nehmen. Ich glaube, ich hab das nicht unbedingt gemacht. Es war trotzdem lecker. In einer Pfanne etwas Öl oder Butterschmalz heiß werden lassen, das Fleisch (am besten in mehreren Schritten) von allen Seiten braten, bis es goldbraun wird. Beiseite stellen.
2 mittlere Zwiebeln und 40 g mageren Speck (Hö? Magerer Speck? Wo gibt’s denn sowas? Ich hatte Bauchspeck und habe den Fettteil und die Schwarte weggeschnitten) hacken bzw. würfeln und in einem großen Topf oder Bräter anschwitzen. Das Fleisch dazugeben, ein paar Minuten braten, dann 1 EL Tomatenmark einrühren und wieder ein paar Minuten braten. Mit dem abgefangenen Rotwein ablöschen und bedecken. Hier empfiehlt es sich, den Bratensatz aus der Pfanne zu kratzen und auch dazu zu geben, der gibt ein schönes Aroma. Deckel drauf, ca 45-60 Minuten bei niedriger Temperatur köcheln lassen.
Nach dieser Zeit das Fleisch prüfen, ob es gar ist. Der Experte sagt “ausstechen”: die Stücke rausnehmen, die schon gar sind, die anderen weiterkochen lassen.
Soße abschmecken, und mit 1 EL Johannisbeergelee oder Preiselbeeren abrunden. Wenn man sie sämiger mag, kann man sie nun mit etwas Speisestärke oder Mehlschwitze andicken.
Tipp: am Ende noch die Leber in den Topf geben, das verfeinert das Gericht. Manch einer schneidet sie klein, wahrscheinlich um den Lebergeschmack nicht zu merken, ich hab sie in etwa 5 cm großen Stücken belassen. Ich mag Leber, vor allem wenn sie nur kurz an der Pfanne vorbeigeführt wurde, deswegen war das ein Genuss. Der Mann hat sie probiert, fand ihre Konsistenz toll, mochte sie aber nicht weiter. Deshalb landete am Ende die ganze Leber auf meinem Teller. Yay!
Die Semmelknödel habe ich (hust) gekauft, aber ich will nicht den ganzen Tag in der Küche stehen. Das sautierte grüne Gemüse ging so:
250 g Bohnen
250 g Rosenkohl
evtl. etwas von dem oben erwähnten Bauchspeck, in kleine Würfel geschnitten
Die Bohnen von ihren Enden befreien und in ca 3 cm große Stücke schneiden. Den Rosenkohl putzen und die äußeren Blätter entfernen. In einer Pfanne etwas Butter oder Butterschmalz erhitzen, die Bohnen und den Rosenkohl dazugeben, pfannenrühren. Wer mag, gibt ein paar kleingeschnittene Stücke vom Bauchspeck mit hinein und brät sie mit an. Immer wieder rühren.
Ich mag mein Gemüse knackig, also dauerte das nicht lange, nur ein paar Minuten. Am Ende habe ich das Gemüse etwas stehen lassen – der Rest war noch nicht ganz fertig. Das hat ihm keinen Abbruch getan.
Obwohl ich keine Tonnen Pfeffer drin hatte, schmeckte das Gericht erstaunlich pikant (um nicht zu sagen pfeffrig). Und vor allem sehr rotweinig. Ein erstaunlich leckeres Essen, mit sehr herbstlichen Aromen. Dazu trinkt man von dem Rotwein, den man für die Marinade genommen hat. Guten!
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