Es ist noch so schön früh am Morgen, Ruhe liegt über der Anlage. Die meisten Urlauber schlafen noch oder beginnen gerade, sich im Bett zu räkeln. Unsereins ist heute früh aufgestanden, so früh, dass ich nicht einmal einen Begriff dafür habe (verzeih mir, Maximilian: VOR sieben noch! Ich mein, das ist doch keine Uhrzeit zum Aufstehen, also ehrlich).
Ich bin heute morgen um Viertel nach sechs aufgewacht. Von alleine. Und vor Wärme. Da hab ich noch gedacht, wie wäre es, wenn ich jetzt aufstünde und runterginge? Es war schon hell – glaube ich, die Hotelvorhänge lassen leider nicht viel Licht durch – draußen war es mucksmäuschenstill. Eigentlich eine Stimmung, die man genießen sollte. Bin leider wieder eingeschlafen.
Der Mann ist Tauchen gegangen, ich werde heute so wie gestern faul am Pool liegen und meine Hautfarbe aufpimpen. Wofür bin ich sonst hier? Ich merke, dass ich ungeduldig werde, was das Braunwerden angeht. Ich sehe durchaus, dass ich “Farbe bekommen” habe, aber WANN VERDAMMTNOCHMAL WERDE ICH BRAUN SEIN? Mpf. Aber lieber gut eincremen als bereits am ersten Tag dem Hautkrebs einen Schritt näher sein. Lichtschutzfaktor 30 rulz!
Heute frühstücke ich drin. Draußen lassen sie den schönen, friedlichen Jazz ab acht Uhr zur lauten Discomucke anschwellen, das ist morgens nur bedingt zu ertragen. Drin ist die Musik auch, aber nicht so präsent. Oder ich sitz nicht direkt unterm Lautsprecher. Vor acht Uhr ist es noch schön und schön leer, deswegen auch die exquisite Musikauswahl. Später kommen dann die Familien mit Kindern, da muss man schon für etwas mehr Unterhaltung sorgen. Wir würden am liebsten immer nur das Meeresrauschen hören. Was im Übrigen nicht existent ist. Kein Wunder, bei der (Nicht)Tiefe. Hier rauschen eher die Palmen im Wind.
Ui. Mir gegenüber sitzt ein vermutlich ägyptischer Brendan Fraser mit unglaublich schönen Augen in kontrastierendem Hellgrün. Hach, die Natur hat manchmal wunderbare Kombinationen. Ich kann leider nicht so häufig hingucken wie ich möchte, es könnte falsch verstanden werden.
Hotelfrühstücke machen mich immer so fertig. Diese Auswahl, und alles sieht so lecker aus. Ich fühle mich dann immer wie ein Schiffbrüchiger nach wochenlangem Hungern und möchte am liebsten von allem kosten. Der Frühstücks-Hangover lässt dann naturgemäß nicht lange auf sich warten: nach solch einem üppigen Morgenmahl will ich am liebsten immer sofort wieder ins Bett. Von Leistungsfähigkeit kann da nicht die Rede sein. So habe ich mir angewöhnt, nicht mehr so wie früher hinzulangen, sondern ein moderates Verhalten an den Tag zu legen, lies: ein Milchkaffee und ein Croissant falls angeboten, oder eine Schale Joghurt mit Früchten oder irgendwas mit Ei. Reicht vollkommen. Und macht nicht so müde.
Oh, nix Ägypter, er liest ein deutsches Buch. Na sowas. OMG, Charlotte Link, er liest Charlotte Link! Was ist das denn für ein Mann, der Charlotte Link liest?
Melancholy seeps in. Früher saß ich mit Heft und Stift an Strandcafés und schrieb, versunken in meinen Milchkaffee, heute hacke ich ins iPhone. Schöne, neue Welt. Nicht. Ich vermisse meine Hefte. Und das Schreiben darin. Auch wenn mir bewusst ist, dass ich sogar mit der iPhone-“Tastatur” heute schneller bin als mit einem Stift. Vor allem ausdauernder. Das kennt man, zehn Jahre Tastatur, und schwupps! kann man keinen Stift mehr ordentlich in der Hand halten. Bei der Hälfte der Seite tut mir schon die Hand weh. Von der Handschrift ganz zu schweigen. Ich könnte glatt als Arzt durchgehen.
Hihi, im dunklen Haar beginnt sich eine Lichtung abzuzeichnen.
So, halb neun, es wird lauter im Speisesaal, wühliger, wie Melly sagt. Immer mehr Menschen drängen an den gedeckten Theken, vor der Nespresso-Maschine hat sich sogar eine Schlange gebildet. Schon interessant, das Verhalten der Urlauber zu beobachten. Stammplätze kristallisieren sich heraus. Die deutsche Großfamilie sitzt mit Vorliebe rechts außen, die polnische Kleinfamilie hinten Mitte, das ältere deutsche Ehepaar mittendrin. Ich verstehe das ja durchaus, auch wir haben unsere Lieblingsecken. Ich find’s nur bemerkenswert bis lustig. Der Mensch ist halt ein Gewohnheitstier.
Nun ist er weg. Schade irgendwie.
Mein Kaffee ist alle, ich sollte langsam mal (“Kommen Sie bitte langsam zum Ende” hallt es in meinen Kopf. Huch, woher kommt DAS denn? Prüfungssituation, geh weg, ich bin im Urlaub!). Wo war ich? Ach ja, zum Ende kommen. Na dann.
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